Bayreuth.

Wagner, Wahnfried, Wilhelmine. Plus: Weltkulturerbe der UNESCO.

by Angelika Mandler-Saul

Bayreuth hat keine lange Überschrift nötig. Mein Erst-Besuch in der UNESCO Welterbe Stadt bei Wagner, Wahnfried und Wilhelmine.

openhaus bayreuth welterbe
Welterbe, Wilhelmine, Wagner: Das Markgräfliche Opernhaus in Bayreuth

„W wie Bayreuth“: Wie wahr.

Wagner dirigiert bayreuth figur
Man hört ihn fast: Den Walkürenritt.

„W wie Bayreuth“, trefflicher als es die Marketing & Tourismus GmbH Bayreuths es tut, kann man es wahrlich (!) nicht ausdrücken. Bayreuth ist die Stadt Richard Wagners und seiner Bayreuther Festspiele, seiner Villa Wahnfried und der in Kunstangelegenheiten wunderbar umtriebig engagierten Markgräfin Wilhelmine, der wir in Bayreuth heute noch viele Kultureinrichtungen verdanken. Dazu kommen die in Franken unumgängliche Wurst (sprich Bratwurst) und das Weizenbier. Bei einem Spaziergang durch die gemütliche und gesellige Fußgängerzone ist letzteres zu testen ein Leichtes. An dieser Stelle auch unumgänglich zu erwähnen: Der witzige Walk of Wagner durch Bayreuth.

Aber ich bin zu allererst hier, um das Weltkulturerbe in Bayreuth zu bestauen: Für mich als Theaterliebhaberin ist es das Markgräfliche Opernhaus, das mich in den Bann zieht – dafür erhielt Bayreuth 2012 den Welterbestatus. Wunderbar!

Und als Draufgabe erhalte ich bei meinem Kurzbesuch in der Wagner-Stadt auch noch eine Spezial-Führung durch die musikalische Weihestätte am Grünen Hügel: Das Bayreuther Festspielhaus.

UNESCO Welterbe in Bayreuth: Das Markgräfliche Opernhaus

Auf meiner Entdeckertour durch fünf deutsche Städte mit UNESCO Welterbestatus komme ich – endlich – auch nach Bayreuth. Einige meiner engsten Freunde sind quasi Wagnerianer, den „Ring“ in der Staatsoper haben wir 2010 zur Hochzeit geschenkt bekommen und seit ich die Biografie von Cosima Wagner gelesen habe, möchte ich Oper und Festspielhaus in Bayreuth sehen. Von Tickets für´s Festspielhaus am Grünen Hügel jedoch wage ich bislang nur zu träumen.

Den UNESCO Welterbestatus hat Bayreuth seit 2012. Begründung seitens der UNESCO: „Das markgräfliche Opernhaus in Bayreuth ist das bedeutendste und besterhaltene Beispiel für eine barocke Theaterkultur, welche noch heute authentisch erlebt werden kann…“

weltkulturerbe bayreuth
Markgräfliche Oper: Weltkulturerbe in Bayreuth

Neben diesem Highlight geht es natürlich in Bayreuth hauptsächlich um W wie Richard Wagner. Richard Wagner, seine Villa Wahnfried, die berühmten Bayreuther Festspiele im Festspielhaus „am grünen Hügel“ oberhalb der City, der Wagner-Walk, deswegen pilgert man als Musikliebhaber:in oder Wagnerianer:in nach Bayreuth. Aber es gibt auch W wie Wilhelmine: Die engagierte, kluge und hochaktive Markgräfin, der wir das barocke Opernhaus und damit das UNESCO Welterbe in Bayreuth verdanken.

Barocke Theaterkultur als Welterbe Bayreuths

Das markgräfliche Opernhaus hat 2012 die UNESCO Auszeichnung als Welterbe erhalten. Ich hatte schon viele Fotos vom Intérieur gesehen, aber die Realität stellt sie dann doch ich den Schatten. Dass hinter dem Portal und dem eher einfachen Entrée und Foyer schließlich solch ein barocker Prunk vorherrscht, war von Wilhelmine genau so geplant und auch heute noch ist dieser Wow-Effekt beim Eintreten unvermeidbar.

Die markgräfliche Oper ist ein Logentheater. Übersetzt: Wer in die Oper geht, tat dies, um zu sehen und gesehen zu werden – von Logo zu Loge. Was auf der Bühne vor sich geht, kann man zwar aus den Augenwinkeln mitverfolgen, aber das Treiben in der gegenüberliegenden Loge könnte durchaus von der Bühnenhandlung nachhaltig ablenken. Ebenso die Fürstenloge galt als Mittelpunkt. Das Logenhaus wurde aus Holz und Leinwand gefertigt (außerhalb des Hauses) und in Kleinteilen schließlich „eingebaut“ in die steinerne Gebäudehülle.

fürstenloge bayreuth
Blick zur fürstenloge

Üppig barock, mit Stukkaturen und Putti, bunten Wänden und Malereien, Balustraden und Balkönchen, Säulen und gepolsteren Sitzen und ausstaffierten Logen: Als Richard Wagner herkam, um die Oper 1871 für seine Zwecke zu besehen und zu testen, war der Pomp und „Kitsch“ des dreirangigen Logentheaters ein Dorn im Künstler-Auge, ebenso die leidliche Akustik. Er baute seine eigenes Festspielhaus für seine Musik: Dort sollte niemand durch weltlichen Pomp und Prunk von der Wagner´schen Musik abgelenkt werden, dort sollte es allein um perfekte Akustik und puren Musikgenuss gehen.

Das markgräfliche Opernhaus wurde in nur vier Jahren erbaut (Wilhelmine hatte auch hier ein prüfendes Auge auf den Baufortschritt), Operetten und Musiktheater waren dereinst der Renner.

Aber: Es konnte nur im Sommer gespielt werden und da erhellten 2000 Kerzen die Oper. Und erwärmten sie natürlich auch. Kerzen waren teuer, eigentlich das Teuerste an dem Opernabend. Jedoch wurde das Kerzenlicht durch die Goldplättchen an der Wand reflektiert und muss so eine wunderbare Atmosphäre geschaffen haben.

Heutzutage darf aus Denkmalschutzgründen nur an 30 Tagen wirklich gespielt werden. Ein rekonstruiertes Bühnenbild um 200.000 Euro kann man heute während der offiziellen Führungen im restlichen Jahr besichtigen.

Das Museum zur Oper

Neben der Oper im Redoutenhaus finden wir heute das Museum zur markgräflichen Oper. Wir kurbeln an den Kulissen eines alten Barocktheaters, machen Regengeräusche mit einer Walze gefüllt mit Linsen und erfahren, was Riechsalz eigentlich war.

Blick auf das Opernsaal (rechts) und den Redoutensaal im Vordergrund. Danke, Wilhelmine!

Man kann sich nämlich durch die Oper schnuppern:

Den schnell ohnmächtigen, schwächelnden Damen in ihren barocken Kleidern wurde Riechsalz unter die Nase gehalten: Das war, wir riechen es am eigenen Leibe, reiner Ammoniak. Da wacht jeder schnell wieder auf, fürwahr. Ansonsten schnuppern wir an Schnupftabak oder Damenparfum oder auch an Essensgerüchen: Denn in der Oper war es üblich, sich Essen und Trinken mitzunehmen. Reichlich.

Wilhelmine nebst Buch und Hund Folichon :-)

Markgräfin Wilhelmine und Bayreuth

Wilhelmine hat Tagebuch geschrieben, deswegen wissen wir viel über sie und ihre Tätigkeiten für Bayreuth.

Die Erstgeborene Prinzessin von Preußen hat als (ranglich deutlich niedrigere) Markgräfin die Oper, die Eremitage, den Felsengarten Sanspareil und viele kleinere Theater in Bayreuth bauen lassen. Sie hat geschrieben, komponiert, geplant, war auf Reisen, war klug, belesen, künstlerisch begabt, für ihre Zeiten emanzipiert und engagiert.

Überall in Bayreuth findet man ihre Spuren und meistens ist sie mit ihrem kleinen Zwergspaniel Folichon („possierlich“) abgebildet.

Nach Wilhelmines Tod wurde das Opernhaus lange nicht genutzt: Für uns ein Glück, denn dadurch hat es die Zeiten überdauert, ohne zwischendurch abzubrennen wie die meisten seiner barocken Art in Europa.

Das Neue Schloss von Bayreuth

Markgraf Friedrich von Brandenburg wünschte einen Neubau, seine Frau Wilhelmine half auch hier tatkräftig bei der Neugestaltung, wie sie es auch bei der Eremitage tat.

Das Alte Schloss mitten in der heutigen Fußgängerzone ist übrigens heute das Finanzamt.

Altes Schloss Bayreuth
Altes Schloss Bayreuth

Die Eremitage

Ein paar Minuten Fahrzeit stehen an, dann sind wir im beeindruckend angelegten Garten der Eremitage mit seinen schnurgeraden Sichtschneisen. Zunächst war die Anlage ein Jagdgebiet, später spielte die höfische Gesellschaft untertags hier „Eremit sein“ – nicht ohne sich nach dem „Spiel“ abends dann „aufzubrezeln“ und zu einem höfischen Gelage in die Festsääle zu schreiten. Untertags Mönchskutte und Strohhut in kleinen Eremitenzellen, abends Party – dem Vernehmen nach.

Unter Markgräfin Wilhelmine entstand eine wunderschöne Parkanlage mit Altem und Neuem Schloss mit Barockgarten. Das Neue Schloss mit dem Sonnentempel glitzert in der Nachmittagssonne bei meinem Besuch: In der Nähe sorgte sie für eine Freilichtbühne, auf der sie selbst auftrat – an der Seite Voltaires offenbar (Quelle: Wikipedia).

Virginia Wool ätzte bei ihrem Besuch in Bayreuth 1909, „das Publikum sei unelegant“ und gegenüber des Festpielhauses müsse sie den Bauern beim „Rübenhaken“ zusehen. Die Eremitage erschien ihr „überwuchert und verlassen“.

Bei meinem Kurzbesuch kann von überwuchert keine Rede sein:

In der Oberen Grotte vor der Orangerie empfangen uns die ersten Wasserspiele, wenig später in der unteren Grotte ebenso. Das Neue Schloss mit seinen abertausenden Steinen besetzt, darunter Bergkristall, funkelt nur so. Der Park ist belebt, gepflegt, eine Oase mit vielen Bankerln und Schattenplatzerln sowie einem einladenden Café in den Arkaden beim Sonnentempel. Für ihr Hundegrab hat Wilhelmine sogar Mitbringsel von ihren Reisen verwendet und eingebaut.

Richard Wagner und Bayreuth

Richard Wagner sitzt mit seinem Neufundländer Riss vor der Tourismusinfo in Bayreuth. So fühle ich mich bei meinem ersten Besuch sofort „abgeholt“, später werden wir auch die Wagner´schen Hundegräber sehen – im Park der Villa Wahnfried.

wagner und russ in bayreuth figuren auf der bank
Richard und Russ

Das Festspielhaus von Richard Wagner am Grünen Hügel

Meine geniale Stadtführerin Claudia hat DEN Schlüssel mit dabei. Welchen? Jenen Schlüssel, um mich – abseits der Besucherzeiten – in das Festspielhaus von Bayreuth reinzulassen. Pompejanisches Rot im Foyer und ein roter Teppich begrüßen uns (zur Festspielzeit begrüßt auch noch Katharina Wagner die Gäste), im Dunkeln bahnen wir unseren Weg durch die Zuschauerplätze hinüber zum Lichtschalter.

foyer festspielhaus bayreuth
Das Foyer

zuschauerraum festspielhaus bayreuth
Zuschauerraum Festspielhaus Bayreuth

Für Wagner- Verehrer König Ludwig war Wagner reines „Privatvergnügen“; bei den öffentlichen Opervorführungen war er nicht dabei, maximal bei den Generalproben. Von der Eremitage aus allerdings hatte er einen direkten Ausblick auf das Festspielhaus.

Holz und Hohlräume: Das ist das Geheimnis des Festspielhauses in Bayreuth – ihnen verdanken wir die unvergleichliche Akustik, deretwagen man als Enthusiast:in (auch) herkommt. Weder Musik noch die Sänger:innen werden irgendwie verstärkt: Musikgenuss pur.

Sichtbehinderte Plätze sind übrigens relativ wohlfeil zu bekommen.

Keine seitlichen Logen, alle sehen nach vorne zur Bühne wie im Amphitheater, man sitzt eng und hart, die Rückenlehne erinnert an ein vertikales Feldbett, Pölsterchen mitbringen ist nicht erlaubt. Der originale Holzboden ist genauso spartanisch, im Haus gibt es keine Klimaanlage, keine Kühlung – und im Orchestergraben kann es noch viel heißer werden als im Zuschauerraum.

Der Orchchestergraben ist der „mystische Abgrund“: Als Zuschauer:in sehe ich weder den Dirigenten (ja, es gab auch schon dort Dirigentinnen) noch die Musiker:innen (die wegen der Hitze bei der Arbeit „casual“ gekleidet sind). Nach Ende der Vorstellung kommt der Dirigent oder die Dirigentin auf die Bühne, die Musiker:innen sitzen dann längst beim Bier in der Kantine, dem Vernehmen nach. Die Souffleuse übrigens muss eine kleine Klettertour unternehmen, um auf ihren Arbeitsplatz zu gelangen. Wir werfen noch einen Blick auf die Bühne und die Hinterbühnen, den Platz der Inspizient:innenen und die Kulisse vom aktuellen „Tannhäuser“. 80 Bühnenarbeiter:innen, 800 Mitarbeiter:innen in Summe zur Festspielzeit sind hier beschäftigt.

Blick vom Dirigentenpult aus

Die Vorstellungen sind bei Wagner-Opern lang, sehr lang. Deswegen gibt es auch eine ungewöhnlich lange Pause von einer Stunde, die man im Park verbringen kann: Dann liegen die Wagnerianer:innen schon mal im Gras, rasten und dösen, picknicken und entledigen sich des Schuhwerks.

Das Orchester hier am Grünen Hügel? Die Bamberger Symphoniker, aber auch internationale Musiker:innen, die hier für die Festspielsaison mit Kind und Kegel herkommen, ähnlich wie bei den Salzburger Festspielen.

Das Richard Wagner Museum in der Villa Wahnfried

In der Villa Wahnfried im Bayreuther Hofgarten ist heute das Richard Wagner Museum untergebracht, das sich auch über das neue Nebengebäude und Ausstellungsräume im Souterrain erstreckt. Daneben, in der ehemaligen Wohnstätte von Siegfried und Winifred Wagner kann man noch originale Einrichtungsgegenstände wie etwa die Vertäfelung, den Kamin oder das Esszimmer (in dem auch Hitler regelmäßig bei seiner großen Verehrerin Winifred zu Gast ware) besehen.

wahnfried museum bayreuth
Villa Wahnfried und Wagner Museum Bayreuth

Im Untergeschoß sieht man Kostüme von damals und heute, von Rudolf Schock bis Grace Bumbry. Wagners Sterbebett, sein berühmtes schwarzes Barett, sein Mantel und sein Reisekoffer sind u.a. ausgestellt. Je nachdem, welches Stück im aktuellen Jahr gegeben wird, kommt dann auch die entsprechende original Partitur in die Ausstellung. Hinter der Villa Wahnfried findet sich das schmucklose Grab Wagners (ohne Namen), flankiert von jenem seines Lieblingshundes Russ. Im Wagner Museum hätte ich gerne noch mehr Zeit verbracht.

In jedem Fall steht demnächst mal wieder die Verfilmung „Der Wagner Clan“* mit Lars Eidinger als Siegfried auf meinem internen Video-Programm nebst der nochmaligen Lektüre der Cosima Wagner Biografie von Oliver Hilmes.

Wagner-Walk durch Bayreuth

In Bayreuth findet man Informationstafeln zu Leben, Schaffen, Werden von Richard Wagner – aufgestellt an passenden Stellen und etwa gleich gegenüber von der Tourist-Info. Interessantes Detail:

Anders als üblich, werden die Texte dieser Schautafeln jährlich neu kuratiert und neu befüllt, sodass sich die jährlich wiederkehrenden Wagnerianer:innen nicht mit bereits gelesenen Texten abfinden müssen.

Meine Tipps

  • Franz Liszt Museum: Dem Schwiegervater Wagners ist direkt neben der Villa Wahnfried ein Museum gewidmet. Er wurde übrigens im heutigen Burgenland geboren und trat erstmals in Baden bei Wien auf.
  • Klavierfabrik Steingräber und Söhne: Studiobühne, Sommertheater und Einführungsvorträge zu den Opern im Festspielhaus
  • Schriftsteller Jean Paul und sein Pudel Ponto waren Bayreuther
  • Urban Art, Street Art und Urban Art Hotel in Bayreuth
  • Das Bayreuther Winterdorf
  • Aussicht vom Turm des Alten Schlosses genießen: Ganz innen eine Wendeltreppe, rundum eine Rampe (abgeschaut bei Leonardo da Vinci)
  • Für Camper in Bayreuth: Stellplätze finden sich bei der Lohengrin Therme (mit V/E) oder auch in der Friedrich Ebert Straße (Overnight Parking).
  • Für Camper: Stellplätze in Franken

Auf der UNESCO Welterbe Wohlfühlroute durch Deutschland: Baden Baden.

Hinweis: Dieser Artikel entstand mit Unterstützung der Deutschen Zentrale für Tourismus in Wien und ihren Kooperationspartnern. Die Eindrücke und Meinungen in obigem Artikel sind meine eigenen.

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