Olmütz: Mehr als Quargel und viel schöner

Die kleine Schwester Prags liegt fast direkt vor unserer Haustür.

by Angelika Mandler-Saul

Sobald man von „Olmütz“ spricht, kontert das Gegenüber gerne wissend mit: „Ja, Olmützer Quargel“ – und verstummt dann recht schnell. Wer aber Olmütz (Olomouc) sagt, sollte jedoch begeistert „fast so schön wie Prag“ und „ja, ein Besuch in Olmütz lohnt sich unbedingt“ oder gar „Oh, die wunderschöne Villa Primavesi“ ausrufen.

Olmütz Rathaus
Olmütz mit Rathaus und Cäsarbrunnen

Warum lohnt sich ein Besuch in Olmütz?

Ich war zur Adventzeit im winterlichen Olmütz und freue mich schon auf einen weiteren Besuch in Mittelmähren in der wärmeren Jahreszeit. Sehr sogar. Denn die Parks und Grünanlagen, die vielen Cafés und das Flanieren auf dem schönen, alten Kopfsteinpflaster von Olmütz – das lohnt sich dann noch mehr. Andererseits: Wir konnten ausgiebig den gemütlichen und liebevoll gestalteten Weihnachtsmarkt von Olmütz vor dem Rathaus nutzen (zum Trinken, Schmausen und Einkaufen) und auch diese Erfahrung will ich nicht missen.

Wer zum ersten Mal nach Olmütz kommt, wähnt sich zunächst vielleicht im slowakischen Bratislava, im ukrainischen Lemberg, in Pilsen oder Brünn zu sein – also in anderen, schönen „Provinzstädten“ der ehemaligen Donaumonarchie. Da sich in Olmütz immer schon ein Zentrum der mährischen Lebensmittelindustrie befand und sich hier auch besonders viele „Malzbarone“ mit ihren Villen angesiedelt hatten nebst jüdischen Großunternehmern, die auch von Kunden im nahe Wien profitieren wollten – wirkt das hiesige Villenviertel fast wie das Cottage Viertel in Wien.

-Schon die Anreise ist abwechslungsreich

Das grenznahe Mikulov, die historischen Schlachtfelder und Denkmäler der Dreikaiserschlacht zu Austerlitz (1805) und Brünn liegen auf der Strecke nach Olmütz, wenn man die Brünnerstraße im Weinviertel oder die A5 nordwärts zur tschechischen Grenze fährt. Und die ist gar nicht weit entfernt: Vom Weinviertel kann man in zwei Stunden Autofahrzeit direkt in Olmütz sein, die Fahrt dorthin durch die Weingegend geht schnell vorbei und man glaubt kaum, Österreich verlassen zu haben – so ähnlich sind sich Südmähren und das Weinviertel.


Wo liegt Olmütz?

Olmütz liegt an der historischen Bernsteinstraße und zudem jeweils etwa 200- 250km von Bratislava, Prag, Breslau, Krakau und Wien entfernt. Für Reisende wie Gustav Mahler oder Arthur Schnitzler also durchaus genau so gut erreichbar zu damaligen Zeiten wie die großen Städte der Monarchie.


niederring olmütz
Zwischen Ober- und Niederring


  • Die ORC – Olomouc Region Card bietet 100 freie Eintritte und viele Vergünstigungen in der Großregion um Olmütz, dazu freie Fahrt bei den Olmützer Öffis. Gratis Eintritt z.B. im Erzbischöflichen Palast und Erzdiözesanmuseum, im Museum Moderner Kunst, im botanischen Garten, im Zoo sowie vielen Schlössern und Museen im Olmützer Umland.
  • Park-Tipp: Parkoviště tržnice, Kateřinská 665/14, 779 00 Olomouc 9, Tschechien – gleich beim Shoppingcenter und einen Katzensprung vom Niederring entfernt
  • Wer mit dem Zug anreist, muss am Bahnhof Olmütz in die Bim (best: No 53) umsteigen.
  • Öffis sind in Olmütz für alle mit Alter 65+ GRATIS!
  • Von Wien nach Olmütz mit der Bahn: Sparschiene Tschechien

-Was hat Olmütz?

Olmütz ist die größte Stadt Mährens, war lange Zeit dessen Hauptstadt und gilt unter Reise-Insidern gar als die schönste Stadt Tschechiens – vor allem aber ist sie das historische Zentrum Mährens. Olmütz hat eine Ringstraße teils mit Prachtbauten wie in Wien, Reste einer alten Befestigungsanlage aus der Zeit Maria Theresias und das nach ihr benannte Theresien-Tor, durch das früher alle Pferdekutschen auf dem Weg nach Wien hindurch mussten. Das Mährische Theater Olmütz wurde schon 1830 vom Wiener Joseph Kornhäusel gebaut (früher als all die Fellner und Helmer Theaterhäuser der Monarchie): Gustav Mahler war 1882 hier Kapellmeister, Maria Jeritza debütierte hier, es wurde in deutscher Sprache gespielt. Bis zum ersten Weltkrieg war die Bevölkerung in Olmütz deutschsprachig.

In Olmütz werden auch gerne die immer noch beliebten tschechischen Märchenfilme gedreht, wie Olmütz (und Prag) überhaupt gerne als Film-Locations für historische Filme genützt werden. Nicht zuletzt wegen des flächendeckend vorhandenen alten Kopfsteinpflasters und der beeindruckend vielen Jugendstil Villen, Großbürgerhäuser, Zinshäuser und der schönen Plätze mit bunten Bürgerhäusern mit den pittoresken barocken Brunnen. Denn Olmütz kann auch Barock: Der Stadtkern vereint mittelalterliche Grundrisse und barocken Prunk.

Der Oberring etwa ist mit seinen Bürgerhäusern und Palais, der Pestsäule, dem Rathaus und der astronomischen ein Fotospot per se, die gigantische Dreifaltigkeitssäule ist UNESCO Weltkulturerbe, einst von Maria Theresia eingeweiht. Dazu kommen zwar die zahllosen Kirchen und sakralen Bauten, eine bunte Studentenschaft jedoch macht die historisch schöne Stadt quicklebendig. Die Seitengassen rund Ober- und Niederring (der ebenso hübsche Platz gleich daneben) werden von Kirchen, Museen, Boutiquen, Cafés und kleinen Shops gesäumt, die Straßenbahn rattert hindurch wie daheim in der Josefstadt.

-Was ist noch sehenswert in Olmütz?

Der Erzbischöfliche Palast in Olmütz: Hier ist alles passiert, was einmal wichtig war und das in sehr prunkvoll barockem Ambiente. Johannes Paul II. hat hier gegessen, Kaiser Franz Josef wurde gekrönt und Kaiser Franz und Zar Alexander diskutierten Strategien gegen Napoleon. Hier weilten auch Maria Theresia und Beethoven. Ein Hauch von Schönbrunn umweht uns beim Rundgang durch die opulenten Räumlichkeiten.

Das Erzdiözesanmuseum mit dem Wenzelsdom nebenan: Das ehemalige Kapiteldekanat der alten Olmützer Burganlage beherbergte einst die Mozarts, heute hingegen die Kunstschätze der Erzbischöfe, die goldene Kutsche des Bischofs Troyer (eine ähnliche aus Olmütz spielte in Sissi Teil 3 mit), die Barbara Kapelle und mehrere Gemäldegalerien. Die Sternberg Madonna ist gar ein wichtiges tschechiches Kulturgut.

Fort Science: Diese Festung des Wissens – erreichbar nach einem schönen Parkspaziergang – ist ein interaktives Museum mit einem Planetarium, untergebracht in einem ehemaligen Artilleriedepot.

Freilichtmuseum Haná: Ein alter Bauernhof mit allen Nebengebäuden wird mit alten Handwerken bespielt, dazu kann man Küche und Zimmer besichtigen.

Die St. Michaels Kirche ist ein weithin sichtbares Landmark und innen einfach nur Atem beraubend prunkvoll.

Früher, als es noch keine offiziellen Hausnummern gab, fand man die Häuser mit so klingenden Namen wie „Haus zum Goldenen Hirschen“ oder „Haus zum Schwarzen Hund“. Es gibt einen Rundgang durch die Stadt, der viele solcher Häuser mit den sprechenden Namen verbindet.

Kaiser Franz Josef, der hier 1848 gekrönt wurde, verdanken wir auch diesen schmucken Festsaal einer Schule mitten in Olmütz:

-11 wichtige Sehenswürdigkeiten in Olmütz

Den besten Überblick über die wichtigsten Sehenswürdigkeiten findet man hier: 11 Sehenswürdigkeiten und eine schöne Spazier-Besichtigungsroute für einen Besuch in Olmütz in der trockenen Jahreszeit.

Die Villa Primavesi: Hoffmann, Hanak, Klimt

Neben den vielen alt-österreichisch anmutenden Palais, dem Theater und der Geschichte war für mich die Story hinter der Villa Primavesi und der Familie Primavesi in Olmütz am spannendsten. Die Familie Primavesi war Geldgeber der Künstler der Wiener Secession und damit der Wiener Werkstätten und ließen sich in Olmütz eine Villa bauen: Zu ihren engsten Freunden zählte der Bildhauer Anton Hanak (Museum LEMU) und Gustav Klimt. Gemeinsam mit Josef Hoffmann gestalteten sie die Villa der Primavesi, die zu ihrer Zeit offenbar jene waren, die die meisten Klimt Werke ihr eigen nennen durften (17 Bilder waren es, mittlerweilen dürfte erforscht sein, welche Werke es genau waren).

Mehr dazu in meinem Artikel über die Primavesi Villa in Olmütz und meinen Kurzrundgang durch das Haus:

Okay, reden wir auch über den Olmützer Quargel

In echten Wiener Heurigen finden sich manchmal noch ein Quargelaufstrich oder eine Quargelbutter in der Theke, wenn man sich beim Buffet um Köstlichkeiten anstellt. Zum Brünnerstraßler Wein im heimatlichen Stammersdorf (jetzt sind wir schon wieder in Mähren/Brünn) hat ein Quargelaufstrichbrot mit viel Pfeffer immer noch herrlich geschmeckt. Abgesehen davon dürfte sich eher meine Eltern- und Großelterngeneration noch für Quargel erwärmen können.

Das muss aber nicht so bleiben: Denn Quargel hat zwar eine Tendenz zum strengen Geruch, ist aber höchst fettarm und eiweißreich aus Sauermilch gemacht und damit in heutiger Low-Carb und Muskelaufbau-Zeiten eine sehr schmackhafte Käsealternative: Man kann ein Cordon Bleu damit füllen, ihn aufs Vollkornbrot schmieren, panieren und rausbacken (köstlich!), aber auch einer Suppe als als Einlage verpassen. Als Kombi zum Bier einer tschechischen Microbrewery etwa auch nicht zu verachten, etwa bei der der Minibrauerei Velká Bystřice nahe Olmütz. Selbst getestet.

Auch diverse Süßspeisen und Bier lassen sich aus Quargel fabrizieren: Strudel, Schaumrollen und Kuchen, Wraps und Brötchen sowie kleine Patisserie-Happen, die man etwa im Popup Tvarůžková cukrárna Olomouc nahe dem Rathaus kosten und kaufen kann. Allein deswegen muss ich nochmal hin – leider habe ich die Köstlichkeiten nur fotografiert, aber nicht verkostet.

Alle waren sie in Olmütz: Ein Who is Who des „Alten Österreich“

Der legendäre Fritz Grünbaum komponierte ein Lied „Der kleine Wolf aus Olmütz“, vertont von Peter Kreuder (dessen Autobiografie lohnt übrigens sehr, man kommt bei der Lektüre aus dem Staunen nicht heraus!).

  • Arthur Schnitzler schreibt im Tagebuch über seine Besuche in Olmütz.
  • Sigmund Freud lobt in seinen Briefen Gegend und Kaffee hier im Café Hirschen, heute Café Opéra
  • Gustav Klimt reist regelmäßig mit Emilie Flöge her, um die Familie Primavesi zu besuchen
  • Der Bildhauer Anton Hanak (Museum in Langenzersdorf bei Wien, geboren in Brünn, Mitglied der Secession und enger Freund von Josef Hoffmann) geht ebenfalls hier bei Primavesis ein und aus und arbeitet mit
  • Josef Hoffmann an der Ausgestaltung mehrerer Villen-Intérieurs in Olmütz.
  • Adolf Loos (geb. on Brünn) hat hier genauso wie in Pilsen, Prag, Brünn und in Šternberk moderne Villen ausgestattet, bzw dies an die Schüler seiner privaten Architekturschule delegiert, etwa an den Olmützer Paul Engelmann mit der Villa für Vladimir Müller (heute denkmalgeschützt).
  • Der Philosoph Ludwig Wittgenstein war ein Freund Engelmanns: Er ging hier in die Militärschule.
  • Feldmarschall Radetzky war Festungskommandant von Olmütz
  • Gustav Mahler arbeitete an der Filharmonie Olmütz als junger Kapellmeister (nach Bad Hall und Breslau)
  • Gregor Mendel studierte in Olmütz Philosophie
  • Wolfgang Amadeus Mozart, seine Schwester Nannerl und seine Eltern flüchtete nach Olmütz, um der grassierenden Pocken Epidemie in Wien zu entgehen. Dennoch erkrankten die Kinder beide (1767), wurden jedoch im Olmützer Dekanat/heute Erzdiözesanmuseum (unter der Schirmherrschaft von Leopold Antonin Podstatzky von Prussinowitz – was für ein Name!) gesundgepflegt. Das 11jährige Wunderkind bedankt sich mit der 6. Sinfonie F-Dur.
  • Die österreichische Erzherzogin Maria Theresia zwar zwei Mal in Olmütz.

Tipps für Olmütz

-Olmütz zur Adventzeit: Der Weihnachtsmarkt

Zur Adventzeit befindet sich in Olmütz rund um das Rathaus, am Oberring und auch am Niederring (die beiden zentralen Stadtplätze) ein Weihnachtsmarkt, der sich zwischen Palais, Pestsäule, Barockbrunnen und den bunten Häuserfassaden wunderhübsch ins Olmützer Bild fügt.

Wenn es dann noch ein wenig schneit, ist die Stimmung perfekt. Anders als bei uns in Wien ist auch zwischen den einzelnen Hütten m.E. mehr Platz zum Flanieren, der Punsch mit allen möglichen alkoholischen Zusätzen schmeckt auch – Glühwein trinkt man hier allerdings eher nicht.

Dazu gibt es selbstredend die besten Schmankerln, die Tschechien zu bieten hat:

So etwa den pizzagroßen Frgál, einen Obstkuchen aus der Walachei, der mindestens 30cm Durchmesser haen muss, um als original durchzugehen: Ich habe ihn mit Beeren gekostet, der Verkäufer empfahl zusätzlich: Nur der mit Birnen (schmeckte nach Kletzten) sei der originale. Beides probiert. Man kauft slowakischen Käse in den abenteuerlichsten Formen (von Rundkugeln über Spaghettiform in allen Gewürzvarianten, ebenso reichlich Würste, Schinken und Speck, die Klobása kommt ins Weckerl wie ein Hot Dog. Besonders köstlich sahen die frischen Erdäpfelpuffer aus (auch diese in erfreulichen, fast Wagenrad großen Einheiten :-), die Bramborák mit reichlich Knobi. Ich habe einen Grilovaný oštiepok (Grillrauchkäse) am Brot mit Preiselbeeren zum Punsch genossen – die frischen Trdelnik Baumkuchen lässt man sich gleich danach in Zimt und Zucker wälzen, warm sind sie natürlich am besten.

Am Weihnachtsmarkt in Olmütz kann man sich auch mit kleinen Weihnachtsgeschenken eindecken: Allen voran mit dem tschechischen Glasperlenschmuck, der in Poniklá im Riesengebirge von der Firma Rautis hergestellt wird. Dazu gibt es hier auch fast die ganze Woche hindurch ein Musikprogramm auf einer großen Bühne direkt am Weihnachtsmarkt – für uns ein wenig ungewöhnlich, bei Rockklängen den Weihnachtspunsch zu schlürfen – aber in Olmütz sehr beliebt.

Überhaupt lohnt es sich, in der Vorweihnachtszeit mal über die Grenze hinauszuschielen zu den tschechischen Weihnachtsmärkten: So etwa gibt es aufwändig und stimmungsvoll gestaltete Märkte in Krumau, Prag, Brünn, Budweis und Pilsen.

Istagram Video

-Einkehren und Wohnen in Olmütz

-Ausflugstipp: Burg Šternberk

Etwas nördlich von Olmütz liegt Šternberk mit der gleichnamigen Burg: Ein Rundgang durch die liebevoll dekorierte Burg, die aktive Großküche und die weihnachtlich gestalteten Renaissance Räume mit den kunstvollen Öfen stand zum Abschluss unserer Olmütz Reise auf dem Programm.

Die mittelalterliche Burg ging Ende des 17. Jahrhunderts an die Familie Liechtenstein, 1886 wurde sie nach dem Plan eines Wiener Architekten renoviert. Der darin befindliche Aufzug könnte sich genau so auch in einem Wiener Innenstadthotel befinden – sehr ähnlich ist er nämlich jenem im Hotel Bristol.


Hinweis: Ich wurde von der Tschechischen Zentrale für Tourismus in Wien zu dieser Gruppenpressereise eingeladen, um über Olmütz zu berichten.

Recherche:

  • hanacka.drbna.cz
  • derstandard.at
  • WIEN – WIKI
  • Radio Prague International

1 comment

Gudrun 10. Dezember 2023 - 16:52

Mah, ich muss da unbedingt hin. Und Deine Fotos sind so schön!

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