Dass es die Sommerspiele Melk bereits seit 1961 gibt, das mag wohl kaum einer ahnen. Dass es aber in diesen 60 Jahren bei jedem Event immer auch um den ganz besonderen Spirit dieser Location geht, das liegt auf der Hand. Denn das Stift Melk ist bei jeder Aufführung der Sommerspiele Melk der ganz geheime Star hinter der Bühnenszenerie.

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Sommerspiele Melk – Wachauarena einst und jetzt
Heute – 2021 – ist die Location der Wachauarena, die jährlich für die Sommerspiele Melk aufgebaut wird, eine „Sommerbühne mit Segelkonstruktion über drei bogigen Traversen“. Was so sperrig klingt, ist eine wunderschöne Sommerfestspielbühne von großzügigen 20 Metern Breite, die auch bei Regen bespielt werden kann und deren geheimer Star die Kulisse dahinter ist: Das leuchtende Stift Melk und seine Südfassade hoch über der Donau am Felsen über der Stadt Melk.

Gegründet wurde das Festival, man höre und staune – von der Max Reinhardt Witwe, der Schauspielerin Helene Thimig: Leserinnen* meines Blogs hinlänglich bekannt aus meinen Stories über Reinhardt und die Salzburger Festspiele. Intendant war übrigens hier 30 Jahre lang Peter Janisch, der auch die Raimundspiele Gutenstein gegründet hat (Mein Bericht aus Gutenstein liest sich hier). Hier stand schon damals die Crème de la Crème der österreichischen Schauspielerinnen von Thimig über Ernst Meister, Hans Jaray, Michael Heltau, Gusti Wolf auf der Bühne: Die geistige Nähe nicht nur zum Stift Melk, sondern auch zum Theater in der Josefstadt ist unübersehbar, dank Thimig.

Heute gehören zum großen Projekt „WachauKulturMelk“ neben den Sommerspielen Melk auch Ursula Strauss´ „Wachau in Echtzeit“ und die Barocktage Melk sowie zahlreiche andere Events auf der Wachauarena. Mein letzter Besuch ist etwa 15 Jahre her, damals durfte ich „Mnozil Brass“ erleben. Das allererste Stück beim Sommerfestival war einst „Was Ihr wollt“ – damals noch im Gartenpavillon des Stifts Melk ganz ohne spektakuläre Theaterarena gegeben – mit Hans Holt als Malvolio. Seit 2010 werden die Theatervorstellungen noch durch Musikrevuen ergänzt.


#Wiewirlebenwollen: Die zehn Gebote, neu interpretiert
Eigentlich hätten sie 2020 Premiere haben sollen, die 10 Dramolette, die die „10 Gebote“ neu interpretieren. Dann kam die Pandemie. So begehen wir eben heuer die 60 Jahre Sommerspiele Melk und die Uraufführung von #Wiewirlebenwollen unter Alexander Hauer gemeinsam. Die 10 Dramen wurden von bekannten Namen wie etwa Bernhard Aichner, Franzobel, Julya Rabinowich, Paulus Hochgatterer, Eva Rossmann und Cornelia Travnicek erdacht.

10 Autorinnen, 10 Geschichten, 10 Gebote. Unterschiedliche Menschen in verschiedenen Zeiten, Räumen, Gesellschaften treten auf – tolles Bühnenbild – und interpretieren im weitesten Sinne die 10 Gebote, wie wir sie kennen oder nicht kennen. Man muss es gesehen haben. Manch Connex scheint vielleicht weit hergeholt, manchmal ist man bestürzt, manchmal nur froh, auch mal einfach nur schmunzeln zu können. Fakt ist aber, dass es sich die Autorinnen nicht leicht gemacht haben – kein Wunder, bei diesem „Ausgangstext“.
Im Gedächtnis bleiben werden mir persönlich die Interpretationen von Bernhard Aichner („Du sollst Vater und Mutter ehren“, Franzobel („Du sollst nicht töten“), Cornelia Travnicek (“ Du sollst nicht Ehe brechen“) und natürlich die sprechenden, glucksenden Gemälde in Lacks Interpretation von „Du sollst nicht stehlen“. Überraschend schnell kommt das Ende mit Hochgatterers „Du sollst nicht… begehren“. Uneingeschränkt genial und präzis unterstützt der gebürtige Melker Otto Lechner, dessen Akkordenspiel und Gesang grandios zu wirklich allen Mini-Dramen passten.

Meine Meinung zur Vorstellung
Ohne zunächst zu wissen, welches Gebot von welcher Autorin* als Dramolett gestaltet wurde, war ich während der Aufführung auch nicht immer sicher, welches der Gebote nun grade dran war. Wahrscheinlich hat jede im Publikum an diesem Abend versucht, die 10 Gebote im Geiste überhaupt mal wieder „zusammen zu kriegen“: Wer nicht kirchen- oder religionsaffin ist und keine Schulkinder daheim hat, tut sich da ungleich schwerer. Der erste Teil des Abends deckt sechs Gebote ab und kommt meines Erachtens bedrohlich und fast (für mich) deprimierend daher. Dass bei der Interpretation der Texte soviel geschrien wird, hat diesen Eindruck bei mir noch verstärkt. Manchmal wären durchaus auch leisere Töne angebracht gewesen. Der zweite Teil erlaubte sich auch Komik – das verdanken wir vor allem dem achten Dramolett „Diebstahlverbot“ von Stephan Lack, der auch schon für die Josefstadt, das Burgtheater und das Landestheater St. Pölten gearbeitet und beim Festival „Hin und Weg“ am Herrensee im Waldviertel gelesen hat.


- Wer das Glück hat, in den ersten 7 Reihen in der Mitte oder sogar rechter Hand zu sitzen, kommt während der Vorstellung auch in den sehr erwähnenswerten Genuss der beeindruckenden Stift Melk Kulisse. Ich saß links außen und sah nichts davon, habe dann aber meinen Platz gewechselt: Kein Vergleich!
- Noch ein Tipp: Bitte nicht hungrig zu den Sommerspielen kommen – hier gibt es kein nennenswertes Catering, das uns den schönen Abend beim lauen Sommertheater versüßt. Die Weinauswahl ist vorzüglich.
- Damen sind angehalten, den Toilettencontainer im hinteren Teil zu benutzen, der ist ungleich sehenswerter…
- Das Programmbuch gibt´s online.
- Wer die Möglichkeit hat, sollte die Werkseinführung kurz vor der Aufführung nutzen.
- Wer sich vor der Vorstellung über die Donaubrücke traut, ist in Nullkommanix in der Melker City (Café oder Abendessen) und bei der schönen Aussichtsplattform gen Stift Melk.





HINWEIS: Ich wurde von den Sommerspielen Melk eingeladen, die Generalprobe zu besuchen. Die Meinung in diesem Artikel ist meine höchstpersönliche.
INFO: * Männer sind in diesem Artikel immer mitgemeint.