Elbphilharmonie Hamburg: Alles außer gewöhnlich

Mein erster Besuch in der Elphi

by Angelika Mandler-Saul

Im Jänner 2023 konnte ich erstmals die Hamburger Elbphilharmonie von innen besehen und außerdem bei einem Konzert dabei sein. Ein Erlebnis mit vielen Superlativen, wie ich finde.

das erste mal in der elbphilharmonie
Wirklich happy: Erstbesuch in der Elbphilharmonie

16 Fakten über die Elbphilharmonie, die ich vorher nicht kannte

Was ich über diesen meinen allerersten Besuch in der Hamburger Elbphilharmonie erzählen möchte, was mir aufgefallen ist und was ich vorher nicht wusste oder mich frappant überraschte – lest Ihr im folgenden in meinen ganz persönlichen Eindrücken rund um ein besuchtes Konzert. Gleich vorweg: Die Elphi ist alles – außer gewöhnlich.

Was ich vorher nicht wusste:

  • Der Generalintendant der Elbphilharmoniker ist Österreicher: Christoph Lieben-Seutter kam über das Wiener Konzerthaus und als Pereiras Referent am Opernhaus Zürich sowie Wien Modern zur Elbphilharmonie, die er seit 2007 leitet. 2022 war er Auslandsösterreicher des Jahres.
  • Die Elbphilharmonie wurde als funkelnde Glas-Welle auf einen bestehenden Speicher aufgebaut.
elbphilharmonie foto mediaserver hamburg
Auf dem Speicher aufgesetzt (Foto: Mediaserver Hamburg)
die elbphilharmonie bei ebbe und flut hamburg
Elbphilharmonie vom Fleet aus gesehen bei Ebbe
  • Man fährt erstmal einige Höhenmeter und fast 3 Minuten mit der „Tube“ rauf, bis man bei den Konzertsälen angelangt ist. Die 80m lange Rolltreppe ist eine der längsten in Europa. Danach gibts noch reichlich Stufen, bis man an seinem Platz anlangt (Aufzüge als barrierefreier Zugang vorhanden).
  • 2100 Sitzplätze hat die Elbphilharmonie. Zum Vergleich: Die Wiener Staatsoper hat etwa 1700, die Semperoper in Dresden 1300, die weltgrößte Seebühne ist mit 6660 Plätzen jene in Bregenz, die Arena di Verona bringt es auf 14000 Plätze. Die MET hat 3800 Plätze, die Mailänder Scala 2030.
  • Weinberg oder Schuhschachtel Architektur? Der große Saal der Elbphilharmonie entspricht eher der Weinberg Architektur mit „Weinterrassen“, der kleine hat Schachtelform.
Akustik konstruktion grosser saal elbphilharmonie
Die Konstruktion für die Akustik
  • Der große Saal auf meinen ersten Blick: Unsymmetrisch, 360 Grad Ebenen von A-Z nummeriert, versetzte Terrassen, eine Mischung aus Bienenwabe und Ufo (der Eindruck ensteht durch den gigantischen Schallbrecher an der Decke). Ein beeindruckendes „Gewurl“, bis alle sitzen.
  • Die weiße Haut (die Wand- und Dachverkleidung) im Großen Saal besteht aus mehr als 10.000 individuell (!) gefrästen Gipsfaserbeton-Paneelen. Sie sollen den Schall entweder direkt oder gestreut reflektieren.
  • An einigen Stellen im Saal können Stoffbanner aus dem Boden geholt und aufgespannt werden – bei noch verstärkten Konzerten wird dies genutzt, um die Akustik nochmal zuv erändern.
  • Im Kleinen Saal sorgt eine Klangtapete aus Holz mit unzähligen kleinen „Holz-Dünen“ für die Akustik.
  • Wer konzertiert in der Elbphilharmonie? Es wird nicht ausschließlich Klassik aufgeführt. Man bekommt auch Vicky Leandros auf Jubiläumstour (nur ein Beispiel :-)), Ina Müller, Poetry Slam, Liederabende, Jazz und Weltmusik oder das Wiener Johann Strauss Orchester zu hören.
  • Wohnen in der Elbphilharmonie: 45 Eigentumswohnungen befinden sich im westlichen Teil auf Ebene 11- 26. Lt. Spiegel zahlte man wohlfeile 38.600 Euro pro m².
  • Baukosten: 789 Millionen statt 77 Millionen Euro (Quelle: derstandard.at), Bauzeit: 10 statt 4 Jahre
  • Trotz des schönen Ambientes gibt es in der Elphi keinen Garderobenzwang, wie wir ihn aus vielen Theatern in Wien teils leidgeprüft kennen.
  • Der große Saal verfügt über eine eigene Orgel mit 4765 Pfeifen.
  • Das bislang längste Konzert dauerte 9 Stunden (am 15.9. 2019 eine Orgelsinfonie
  • Die bislang größte Orchesterbesetzung: 420 Mitwirkene (am 13. 5.2017)
Großer saal elbphilharmonie
Ein Teil der Totale: Die Elphy

Ein Erlebnis: Das NDR Elbphilharmonie Orchester im Konzert

Das NDR Elbphilharmonie Orchester ist das Residenzorchester der Elbphilharmonie Hamburg, hat aber auch eine wichtige Rolle als musikalische Repräsentanz in ganz Norddeutschland. Seit 2019 ist der Amerikaner Alan Gilbert Chefdirigent.

Auf Einladung von Hamburg Tourismus war ich im Jänner 2023 bei einem Konzert des Orchesters in der Elphi mit dabei. Es dirigierte die mit- und hinreißende Dirigentin Erina Yashima, das „Cello-Genie“ Pablo Ferrández gab eine Bloch´sche Rhapsodie und nach der Pause kannte ich zumindest den Namen des Komponisten des Stücks: Antonín Dvořák. Man merkt schon, ich bin keine Musikkennerin. Das tut meiner Begeisterung für Konzertbesuche und hie und da einer Oper aber keinen Abbruch. Klar, beim Theater und Musical kenn ich mich um Welten besser aus – aber zuhören kann ich ja da wie dort.

Konzert Elbphilharmonie Orchester
Das NDR Elbphilharmonie Orchester in concert

Meine Eindrücke: Wiederunterwegs in der Elbphilharmonie

Nachdem ich als Elphi Neuling über den unauffälligen Eingang erstaunt und von der Auffahrt mit der Tube bass begeistert war, musste ich natürlich auch die Plaza und den outdoor Wandelgang der Elphi begehen. Dort wo die Tube sich quasi dreht, befindet sich ein gigantisches Panoramafenster. Wie es in Hamburg im Winter so üblich ist, weht rund um die Plaza da wie dort ein durchaus erfrischender Hackwind, der eine Festtags-Frisur aus kulturellem Anlass schon mal hinfällig machen dürfte. Das ist in Hamburg aber ziemlich egal, denn in der Elbphilharmonie sieht man sowohl Besucherinnen mit Bergschuhen (unmögliche Vorstellung für die Wiener Staatsoper) und Sweater als auch im kleinen Schwarzen oder einfach im Büro-Outfit. Die Frisur dürfte also ebenso Nachrang haben.

Nach der mehrminütigen Auffahrt und dem 360 Grad Rundgang mit Ausblick auf Hamburg zeigt man sein Ticket beim wegen der Kälte dick vermummten Billeteurinnen und beginnt den Anstieg zu den terrassierten Sitzebenen im Großen Saal. Ich sitze Ebene K.

Erste interne Frage für mich: Welche Garderobe nehm ich wo? Es gibt aber eh nur zwei davon, wie sich herausstellt – auf Ebene 11. Was ich erst nachher weiß: In der Elphi nervt man die Besucherinnen nicht mit Garderobenzwang, wie wir ihn etwa aus dem Wiener Burgtheater so gut kennen (dort wird man schon mal minutenlang von einer Billeteurin verfolgt und wieder vom Platz weggestampert, weil man sich von seiner Überjacke nicht trennen will). Recherchen ergaben, dass in Hamburg derselbe (der nicht vorhandene Zwang nämlich) aber durchaus nicht unumstritten ist: Sowohl die zwanglos über die Sitze verstreuten Jacken als auch die angeblich zu hoch empfundenen Garderobenpreise (2 Euro pro Person) dürften so manche Kulturgängerinnen aufbringen.

Zum Vergleich: Die Garderobe in der Wiener Staatsoper ist gratis, in der Burg und der Josefstadt aber beileibe nicht.

Schließlich folge ich den Treppen zu den verschachtelten Ebenen solange, bis ich bei K angelangt bin. Mitte und recht weit oben – ein Traum. Ich trete aus dem Foyer hinein in den Großen Saal und – ja, mir stockt kurz der Atem und der Mund blieb vielleicht auch kurz offen stehen, geb ich zu. Ein außerordentlich prächtiger Anblick erschließt sich in den „wurlerten“ Zuschauerraum und hinunter auf die Bühne – „adorabel“ hätte man wohl vor 100 Jahren gesagt.

totale Elbphilharmonie großer saal
Die ganze Pracht des Großen Saals

Zwischen den Stücken wird die Orchesterbesetzung geändert und ich habe Zeit, mir einiges durch den Kopf gehen zu lassen: Ob es wohl auch schon jemals männliche Harfinisten gab und was hinter der Miene des Ersten Konzertmeisters vorgehen mag – bei dieser quirligen und offenbar empathischen Dirigentin vor seiner Nase. Die Pause nutze ich für einen Rundgang über die verschiedenen Zuschauerebenen bis ganz hinauf, wo die Decke aus besagten Akustik-Gründen abgesetzt ist und auch zu jenen Plätzen, auf denen man hinter dem Orchester sitzt.

Die große Bar im Greve-Foyer (benannt nach dem Elphi Mäzen-Ehepaar Greve) befindet sich auf Ebene 13. Ein Glas Weißwein (0,1l die recht übersichtliche Größeneinheit) um 7 (oder waren es 8?) Euro war mir aber dann trotz des feierlichen Anlasses zu happig, wie ich zugebe. Doch die Aussicht von den Barhockern an der Glasfassade auf Hamburg ist unbezahlbar, auch ohne Drink in Händen.

großer saal elbphilharmonie
Der große Saal der Elbphilharmonie – ein Blick auf die Besucherebenen

Das übliche Garderobengerangel nach der Vorstellung gibt es auch in Hamburg – mit dem Unterschied zu Wien, dass hier deutlich weniger gerempelt wird und die Garderobennummernvergabe höchst struktiert ist: In der Elphi hängen sogar unsere Mäntel in durchnummerierten Gängen mit Platzzahlen. Und noch ein Asset, das wir Theaterbesucherinnen aus Österreich kaum kennen: Das Abendprogramm ist gratis.

Die vielzitierte Akustik in der Elbphilharmonie

Bei einem Konzert mit Jonas Kaufmann kam es 2019 zu einem Eklat, wie man ihn in der Wiener Kulturg´sellschaft auch nicht besser inszenieren hätte können. Ähnlich wie 1888 bei der Eröffnung des „neuen“ Wiener Burgtheaters (das aktuelle am Ring), als allen voran Hugo Thimig zeterte, dass man das neue Haus abreißen müsse, denn wie der Volksmund sagte:  „Im Parlament hört man nichts, im Rathaus sieht man nichts und im Burgtheater hört und sieht man nichts!“ Das neue Burgtheater wurde gleich mal wieder umgebaut, eröffnete 1897 nochmal und Thimig wurde 15 Jahre später Direktor. Eine typisch wienerische G´schicht.

akustik trichter elbphilharmonie
Der Schalltrichter

Die Jonas Kaufmann Elbphilharmonie Geschichte geht so: Das Sinfonieorchester Basel, der Startenor Kaufmann, Mahlers „Lied von der Erde“ und ein anspruchsvolles, erwartungsvolles Publikum treffen im Jänner 2017 in der Elbphilharmonie zusammen. Für die beiden ersteren eine Premiere daselbst. Laut Publikum war Kaufmann aber an mehreren Stellen der Zuschauerplätze so gut wie gar nicht zu vernehmen, man begann dies während der Vorstellung lautstark zu bemängeln, Sitze testweise zu wechseln, zum Tenor raufzurufen oder gar demonstrativ den Saal zu verlassen. Der Tenor stand auf eigenen Wunsch vor dem Orchester – nicht dahinter und erhöht – was die Krux gewesen sein dürfte, da offenbar drei Viertel der Besucher die Singstimme so kaum vernehmen konnten. Ein erboster Dialog zwischen Kaufmann und einem Besucher soll mit einem „Beschweren Sie sich beim Architekten“ (oder so ähnlich) geendet haben.

Fakt ist: Von 2100 Plätzen liegen im Großen Saal der Elbphilharmonie 500 Plätze seitlich oder hinter der Bühne. Für die Musik kein Problem, für die menschliche Stimme schon – die ist nur nach vorne gerichtet. Die FAZ schrieb nach der Eröffnung im Jänner 2017 u.a. „Dieser Saal kennt keine Gnade. … er ist gnadenlos überakustisch“. Die wirklich fachlichen Hintergründe zur glasklaren Akustik gibt es hier nachzulesen.

Die Elbphilharmonie besichtigen ohne Konzertticket

-Aussichtsplattform/ Plaza

Mit der steilen, über 80 Meter langen Rolltreppe, der Tube, die allein beim ersten Mal schon sehr beeindruckend ist, fährt man hinan zur Plaza. Die kann außen per pedes umrundet werden und zwar vollständig – in den riesigen schweren Glaspaneelen spiegelt sich 360 Grad Hamburg rundum wider. Die Aussichtsplattform in 37 Metern Höhe ist öffentlich zugänglich.

Tickets für die Plaza der Elbphilharmonie kaufen
PLAZA TICKETS kaufen kann man – mit Time Slot selbstverständlich heutzutage- im Besucherzentrum schräg gegenüber der Elphy oder am Info-Point. Wer ein Konzertticket hat, darf schon zwei Stunden früher rein und rauf. Hier kann man online ein Plaza Ticket plus Time Slot (2 Euro) erstehen.


Aussicht elbphilharmonie aussengang
Rund um die Plaza

-Der Große Saal

Die Besucherinnen sitzen rund um die Bühne. Erstmals wurde diese Weinbergarchitektur in der Berliner Philharmonie (gebaut 1963) getestet. In der Elbphilharmonie ist es der 25 Meter hohe Große Saal, der mit assymetrisch angeordneten und von A-Z nummerierten Terrassen das große Kleinod der Elphi ist. Die Elbphilharmonie sitzt auf einem alten Kaispeicher, in dem einst Kakao und Tee gelagert wurden – er musste mit 600 Pfählen statisch abgesichert werden, bevor er die Last der Kultur tragen konnte. In den Großen Saal kommt man nur mit einem Konzertticket oder einer Führung durch den Kulturbereich oder bei einer Führung mit Fokus Architektur.

-Hotel, Shop und Café

In der Elphi finden sich das Café Stoertebecker (wer einen Platz reserviert, erhält Zugang zur Plaza gratis), The Westin Hamburg Hotel und ein Shop. Neben der Elbphilharmonie bietet sich die Brasserie Carls an – dort ist das Serviceteam gewohnt, dass alle täglich etwa zur selben Zeit die Rechung haben wollen. Großartiges Ambiente und köstliche Küche, die zum Erfolg eines Konzertabends ja nicht unwesentlich beitragen kann, wie wir wissen.

ausblick abends von der elbphilharmonie hamburg
Aussicht vom Außenrundgang

-Führungen in der Elbphilharmonie

Tickets für Führungen Elbphilharmonie
Wem die Auffahrt und die Plaza mit dem Rundgang nicht reicht, der kann eine Führung buchen, bei der man auch in die Konzertsäle gelangt. Eine offizielle Führung in der Elphi(auch barrierefrei möglich) dauert etwa 90 Minuten, jene mit Fokus auf die Orgel 120 Minuten.


Hotel in Gehentfernung: Sir Nikolai direkt am Fleet

Einen kleinen und erquicklichen Spaziergang quer durch die Speicherstadt Hamburg entfernt liegt das Hotel Sir Nikolai in kurzer Gehdistanz zur Elbphilharmonie. Das siebenstöckige Boutique-Hotel ist in einem denkmalgeschützten Kontorhaus untergebracht und liegt unmittelbar direkt am historischen Nikolai-Fleet, einem der ältesten historischen Elbkanäle. Was für jede Hamburgerin glasklar ist, überrascht uns Hotelgäste dann doch: Auch im Nikolai-Fleet gibt es Ebbe und Flut. Als ich ankomme, ist der Pegel pittoresk hoch – als ich abreise, sieht man den leeren Kanal.

Diese wechselnde, aber für mich höchst spannende Aussicht habe ich auch aus meinem Zimmer 104: Auf das Wasser und die gegenüberliegende St. Nikolaikirche, ein wunderhübsches Glockenspiel Geläut hatte ich mittags noch inklusive. Eine ausgeprochene Rezeption gibt es ja in chilligen City-Hotels heutzutage nur noch selten und auch hier checkt man bei wie zufällig an einem zentralen Tisch in der Lobby stehenden Mitarbeiterinnen fast formlos ein. Das Frühstück geht in so gemütlichem und ruhigem Ambiente von statten, dass man fast vergessen könnte, dass vor der Tür noch Gewürzmuseum, Hafen-City, die Hamburger Kunstmeile und vor allem ein Abend in der Elbphilharmonie meiner harren.


Recherche:

  • Elbphilharmonie.de
  • br-klassik.de
  • derstandard.at
  • spiegel.de
  • kurier.at
  • Joachim Mischke: „Geschichten und Geheimnisse der Elbphilharmonie“, Verlag Hoffmann und Campe, 2021

Der Elberadweg quer durch Hamburg
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Hinweis: Der Artikel enstand im Zuge einer Pressereise in Zusammenarbeit mit Feuer und Flamme – Die Agentur und auf Einladung von Hamburg Tourismus und SirHotels. Die Meinungen und Ansichten im Artikel sind die meinen. Männer sind ggf. immer mitgemeint.

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