Innradweg in der Schweiz: Engadiner Höhepunkte

by Angelika Mandler-Saul

7 Grad am Morgen in Zernez und die Aussicht auf einen verregneten Radtag – Punkt 8 stieg ich aufs Rad um Zernez entlang des Inns in der frischnassen Morgenluft zu verlassen. Diesmal gab ich wirklich Gas, um den Regenwolken davonzutreten. Aber sie holten mich ein. Immer wieder.

Mein erstes Mal in Engadin – am Innradweg

Bis ich schließlich vollkommen durchnässt, verdreckt und verfroren nach vielen Steigungen  und zwei Baustellen die letzten kühnen Kurven – Seitenwind inklusive – hinunter nach Scuol nahm. Aber dann kam die Sonne raus und alles war vergessen.

Denn die Strecke durchs Engadin heute war einfach nur spektakulär. Teils fuhr ich über 400 hm über dem Inn auf grasgrünen Almflächen durch entzückende Engadiner Vorzeigedörfer, vorbei an nassen Kühen und Schafen. Bis Susch ging es tatsächlich mal am Inn entlang, danach überquerte ich über eine der zahlreichen Holzbrücken den Fluss und trat ordentlich in die Pedale, bergan nach Lavin – auf der Sonnenterrasse. Normalerweise. Denn ab Lavin ging es nicht nur stetig bergauf, sondern das heute auch noch bei immer stärker werdendem Regen. Dabei hätte es soviel zu fotografieren gegeben.

Irgendwie erinnerte mich Lavin an Namche Bazaar in Nepal, so terrassig, so steil, so sympathisch.

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Kurz vor Guarda riss der Himmel ganz kurz auf und gab wunderschöne auf das exponiert vor der Bergkulisse liegende Städtchen frei, das bekannt für sein „Schellen-Ursli“ Haus und überhaupt die Engadiner Architektur mit den vielen Sgraffitto – Inschriften an den Häusern ist.

Die „Schellen-Ursli“ Story kennt in der Schweiz jedes Kind, erklärte mir die Marketing Leiterin von Engadin Scuol Samnaun, die ich –wenig repräsentativ als verdreckte Radfahrerin- am Ende meiner Schweizer Radl-Etappe in Scuol aufsuche. Irgendwie kommt mir die Geschichte auch bekannt vor, aber wir kennen ja eher die Heidi-Sache. Ursli ist auf der Suche nach der größten Kuhglocke, denn die Buben treiben jedes Jahr am 1.3. (Chalandamarz) mit diesen Glocken den Winter aus.

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In Guarda versuchte ich mich mit meinem Velo im Eingang einer der schön verzierten Häusern an einem Brunnen unterzustellen, aber leider schüttete es überall. Dabei wäre Guarda einen ausgedienten Spaziergang wert gewesen, an jeder Ecke warteten Foto-Motive, die tatsächlich wie einem Heidi-Film entnommen aussehen. Auf meiner Weiterfahrt nach Scuol – auf der Flucht vor der nächsten schwarzen Wolke – ging es noch ein wenig bergauf, aber das über so schön grünsaftige Wiesen und Felder, dass ich diesen Abschnitt des #innradweg14 ab sofort zu den schönsten Radtouren zähle, die ich irgendwo auf der Welt schon unternommen habe.

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Wasser, Erlebnisse und Dialekte im Engadin

Scuol wiederum ist bekannt für, man höre und staune, seine 20 Mineralwasserquellen, die rundum in der Region verstreut sind. Im neuen „Bogn Engiadina“ frönt man deswegen auch dem „Römisch-Irischen-Bad“, einer Bade“zeremonie“, die warm und heiß, feucht und nass verbindet.

Immer nur 4 Personen kommen gleichzeitig für 25 Minuten in diesen besonderen Genuss – Wellness im Mineralwasser!

Ich konnte ja nur den #Innradweg kennen lernen, aber Scuol ist seit dem 19. Jahrhundert ein Kurort, heute hat man natürlich – neben den zahlreichen MTB Routen – zusätzliche Erlebnis-Pakete im Angebot. Sogar als typisch Engadiner Sgraffito Künstler kann man sich versuchen (wird in der nassen Wand aufgetragen) oder aber romanisch mit den Einheimischen plauschen lernen.

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Denn hier sagt man „romanisch“ zu diesem Dialekt, der bis in die 3. Klasse Volksschule als Unterrichtssprache gesprochen wird, jedes Kind wächstzweisprachig auf. Aber es gibt 5 romanische Dialekte, dort wo ich gestern geradelt bin, redet man etwa Puter-Dialekt. Noch spannender als den Einblick ins Romanische finde ich aber die ganze Sache mit den Steinböcken Gian und Gachen, die schnuckeligen Graubündner Wappentiere, die ja weit über die Grenzen in den Werbespots Furore machen. Und hier bin ich schließlich genau in der Gegend, um die es in den Spots geht, Graubünden.

Meine Radler-Danksagungen gehen heute an

  • den Bauarbeiter, der mir mein schweres Velo durch den Bauschlamm einer Baustelle am Radweg gezerrt hat
  • an Chefin Patscheider im Hotel Bär und Post in Zernez, die mir die Regenfahrt mit einem weiteren Stück Engadiner Nusstorte versüßt hat
  • das Team von Engadin Scuol Samnaun Tourismus, das mir ein nettes schweizerisches Jausenpackerl zusammengestellt hat
  • Fahrer Michael von den Landecker Verkehrsbetrieben, der mich nach Landeck kutschiert hat, obwohl auch ein Postbus gefahren wäre
  • Christian im Hartlauer-Shop in Landeck, der mir bei einem kleinen Zwischenfall mit meiner Kamera so schnell und unkompliziert geholfen hat.

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Schade, dass die Schweizer Etappen am #innradweg14 vorbei sind. Die Kulisse mit den Drei- und Viertausendern waren schon höchst beeindruckend, auch die Routenführung auf den Hochalmwegen und durch den Wald war traumhaft.

Aber in jedem Fall gilt meine Empfehlung: E-Velo oder das Gepäck vom Gepäcktransport führen zu lassen (dann kann man lockerflockig die Fahrt mit dem MTB genießen) – ein „Biken & Wandern ohne Gepäck“ Angebot gibt es ohnedies. Und Brunnen mit frischem Wasser gibts hier an jeder Ecke – anders als beim Radln im #Weinviertel.

 

 

4 comments

andreas 24. Mai 2014 - 11:12

Du bist echt hart im Nehmen: Regen, Wind, Baustellen. ….. Und dann noch nächtens Geschichten schreiben, Fotos bearbeiten, etc. Hut ab ind Kompliment.

Reply
Angelika Mandler-Saul 7. Juni 2014 - 12:09

Ja, der #innradweg14 war eine ganz eigene Erfahrung. Und dabei gings eigentlich gar nicht so ums Radfahren :-)

Reply
andreas 24. Mai 2014 - 11:09

Wunderschöne, stimmungsvolle Aufnahmen. Ich mag Sgrafitto. Gibt’s auch in Retz am Hauptplatz.

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